Gedanken zu Führung, Zusammenarbeit und Unternehmenskultur
Von Thomas Frommelt, Owner & Chief Executive Officer der PROPAGANDA
Zwei Überzeugungen prägen meine Sicht auf Führung und Zusammenarbeit:
+ Die Unternehmenskultur ist der wichtigste Erfolgsfaktor einer Organisation.
+ Führungspersonen prägen – ob gewollt oder ungewollt – alles, was in einer Organisation geschieht oder nicht geschieht.
Die Unternehmenskultur ist also das Spiegelbild der Führung. Deshalb halte ich es für richtig, dass ich als Inhaber und Geschäftsführer der PROPAGANDA Mitarbeiter:innen und Kund:innen gegenüber offen bin, was mein Denken und meine Haltungen zu diesen Themen angeht, darüber, welche Art von Kultur ich in der PROPAGANDA möchte.
Deshalb habe ich dazu in den letzten Wochen eine Serie von Beträgen auf LinkedIn veröffentlicht. Sie werden hier in leicht redigierter Form wiedergegeben.
Teil 1: Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken
Der Fisch beginnt am Kopf zu stinken – dieser Eindruck aus meinen ersten beiden Berufsjahren hat sich längst zur Überzeugung verfestigt.
Ganz egal, was in einer Organisation passiert oder nicht passiert, ob es gut oder schlecht ist, es hat immer etwas mit den Zielen, der Kommunikation und/ oder dem Tun und Lassen der verantwortlichen Person(en) zu tun. Frei nach Watzlawick: Man kann als Führungskraft eine Kultur nicht nicht prägen.
Vor diesem Hintergrund habe ich mich früh mit der Frage auseinandergesetzt, wie ich führen, was für eine Kultur ich gestalten will. Nach einer rational geprägten Genese der Antworten während meiner beruflichen Sturm-und-Drang-Phase, haben sie längst eine sehr menschenorientierte Gestalt angenommen.
Ich habe viele Jahre bei sehr unterschiedlichen Organisationen in der Unternehmensentwicklung gearbeitet und bin dabei zu einer unerschütterlichen Überzeugung gelangt: Gute Führung «produziert» ein gutes Team und eine gute Kultur, die «produzieren» begeisterte Kund:innen, die wiederum begeisterte Inhaber:innen «produzieren». Führung betrifft alle Anspruchsgruppen.
Teil 2: Niemand redet über das Menschenbild
Führung hat nur mit zwei Dingen zu tun: mit der Führungskraft und mit den Menschen, die mit ihr zu tun haben. Da sind Selbstreflektion und die Frage, mit welcher Haltung, welchem Menschenbild man diesen begegnet, die Anfangspunkte jeder Auseinandersetzung mit dem Thema.
Die Selbstreflektion hat es inzwischen in den Kanon der Pflichtthemen zur Führung geschafft. Ich kann mich aber nicht erinnern, je über eine Diskussion zum Menschenbild guter Führungskräfte gestolpert zu sein, obwohl ein Verständnis der zugrundeliegenden Haltung und Annahmen doch elementar für alles Weitere sein sollte.
Mir scheint, dass die Selbstreflektion das Menschenbild weitgehend prägt, wahrscheinlich ist es bei diesem Thema unvermeidlich, von sich auf andere zu schliessen. Bei mir jedenfalls ist das so.
Wie dem auch sei, da ich über die Art der Führung in der PROPAGANDA reden will, gehört hierher ein Versuch, mein Menschenbild in Worte zu fassen:
Grundsätzlich erwarte ich von Menschen Positives. Dazu gehören (nicht abschliessend) Vertrauenswürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein, der Wille, sich nach Kräften zu bemühen, Respekt, Anstand, Fairness, Lebensfreude und eine gewisse Unaufgeregtheit.
Das Gute an dieser Haltung: Viele Menschen werden diesen Erwartungen gerecht, was eine gute Voraussetzung für eine positive Beziehung und/ oder Zusammenarbeit ist.
Das Heikle daran: Diese Eigenschaften haben etwas Fundamentales an sich, wenn ich sie nicht vorfinde, wird eine Beziehung und/ oder Zusammenarbeit deshalb mitunter schwierig.
Das Beispiel zeigt: das Menschenbild stellt einen zwar persönlichen, aber nicht minder relevanten Massstab dar, anhand dessen schon beim Kennenlernen das Potential einer Beziehung eingeschätzt wird, es spurt das spätere Verhalten vor. Deshalb verdient es das Menschenbild, dass man sich bewusst und selbstkritisch damit auseinandersetzt – wie will man sonst führen?
Teil 3: Werte bestimmen die Realität
Effektiv gelebte Werte der Führungsperson(en) bestimmen in einer Organisation (fast) alles, was über Ziele und Absichtserklärungen hinausgeht, also alle Facetten der Realität. Denn das Verhalten ihrer Angehörigen wird diese Werte bewusst oder unbewusst in jedem Fall spiegeln. Dabei ist es nicht relevant, welcher Art die Werte sind und ob sie ein klares oder ein wirres Bild abgeben. Deshalb sollte die Führung bewusst, Werte definieren, kommunizieren und mit ihrem Tun und Lassen glaubwürdig erlebbar machen.
Meinen vier Vs:
+ Vertrauen – Ein Geschenk, nicht ein Verdienst, wenn das nicht geht, habe ich schlechte Personalentscheide getroffen.
+ Verantwortung(sbewusstsein) – Der siamesische Zwilling des Vertrauens, die Anforderungen steigen folglich im Gleichschritt mit dem Mass an Vertrauen.
+ Vorbild – Der Reichtum an Stärken, Erfahrungen, Sozial- und Fachkompetenzen im Team ist enorm und umso wertvoller, wenn wir uns alle die Chance geben, voneinander zu lernen.
+ Vergnügen – Wir haben nur ein Leben, da möchte ich es positiv erleben.
Wenn man das ins Englische übersetzt – Trust, Responsibility, Example, Enjoyment – beschreiben die Initialen ein schönes Symbol dafür, was daraus Grosses und Starkes erwachsen kann: TREE.
Die Herausforderungen:
+ Kommunikation hat die lästige Eigenart, dass nicht die Intention des Senders, sondern die Rezeption des Empfängers die Botschaft bestimmt.
+ Umso wichtiger ist Glaubwürdigkeit, die Währung von Führungskräften, deshalb gilt: walk the talk.
Diese vier Werte sind für mich tagtäglich ein wichtiger Massstab für verschiedenste Fragestellungen.
Teil 4: Ein Turbo für die Führung
Der Zusammenhang zwischen Was und Wie wird oft vernachlässigt, das ist jedenfalls meine Beobachtung. Was eine Organisation erreichen will (Vision, Mission, Purpose – wie auch immer es verpackt sein mag) wird oft unabhängig davon formuliert, wie sie es tun will (Werte) – und umgekehrt.
Dabei ist es keineswegs selbstverständlich, dass Ziele und Werte zueinander passen. Sie können sich ebenso massgeblich gegenseitig unterstützen, wie sie sich be- oder gar verhindern können.
Wie andere vor mir behaupte ich, dass die Unternehmenskultur der wichtigste Erfolgsfaktor einer Organisation ist respektive sein kann. Ich habe erlebt, wie holprig die Reise bei schlechter Abstimmung von Was und Wie sein kann, durfte aber auch dabei sein, wenn deren Konsistenz einen Turbo von ungeahnter Dynamik gezündet hat. Diese Symbiose kann ein Feuer entfachen, dem man sich als Mitarbeiter:in (und oft auch als Kund:in) kaum entziehen kann (und will). Darauf sollte Führung abzielen, nur so lässt sich das ganze Potential ausschöpfen.
Wie erreicht man Konsistenz? Ganz einfach und doch ganz schwer: durch Disziplin im Denken und Disziplin im Handeln. Und ausserdem, indem man den wertvollen Ratschlag meines Philosophielehrers am Gymnasium beherzigt: «Tut’s ganz einfach denken, kompliziert wird’s dann von allein.»
Teil 5: Das Rollenbild als Derivat
Auf die Reihenfolge kommt es an. In den vorangegangenen Beiträgen habe ich über Menschenbild, Werte und deren Beziehung zu den Unternehmenszielen geschrieben. Erst wenn diese stimmig formuliert sind, kann daraus die notwendige Rolle der Führung hergeleitet werden.
Für die PROPAGANDA ergibt sich folgendes:
+ Eine Führungsfunktion ist Ausdruck einer Arbeitsteilung, nicht mehr und nicht weniger.
+ Führung bedeutet vor allem anderen Verantwortung.
+ Führung ist bescheiden, denn sie existiert nur durch das Vertrauen des Teams.
+ Die wichtigste Aufgabe von Führung ist es, die richtigen Leute ins Team zu bringen.
+ Die zweitwichtigste Aufgabe von Führung ist es, für diese eine Arbeitssituation zu schaffen, in der sich ihre Motivation entfalten kann und bewahrt bleibt. (Aber: Motivation selbst ist keine Aufgabe von Führung, die richtigen Leute sind motiviert.)
+ Die drittwichtigste Aufgabe von Führung ist es, zu fragen, zu verstehen sowie Chancen zu kreieren und zu nutzen.
Teil 6: Sonst noch ‘was?
Soweit die Theorie. Zum Abschluss sollen pragmatische Grundsätze einige Aspekte des zuvor Gesagten greifbarer machen und ergänzen:
LEIDENSCHAFT und EHRGEIZ
+ Was wir tun, tun wir gerne.
+ Was wir tun, tun wir richtig.
LERNEN und ENTWICKLUNG
+ Entwicklung und Veränderung sind ein natürlicher, permanenter Prozess, Stillstand ist unerträglich.
+ Innovation entspringt dem Drang, besser zu werden.
+ Wir sind frei im Denken und beginnen beim Wünschbaren, nur so gelangen wir an die Grenzen des Machbaren.
+ Wir lernen täglich dazu, miteinander, voneinander und individuell.
+ Wer arbeitet, macht Fehler.
+ Ein Fehler ist kein Fehler, zwei Fehler sind einer zu viel.
+ Fehler einzugestehen ist eine Stärke, es nicht zu tun, ist Verantwortungslosigkeit.
DISKURS
+ Wir haben alle die Möglichkeit, uns einzubringen, und die Pflicht, es zu tun.
+ Meinungsverschiedenheiten sind eine Bereicherung.
+ Kompromisse sind überlebensnotwendig, faule Kompromisse sind tödlich.
TEAM
+ Gemeinsam sind wir besser.
+ Wir schätzen den Austausch und kommunizieren aktiv.
+ Verantwortungsvolles Handeln ist die Pflicht jeder/ jedes Einzelnen, Solidarität die Pflicht des Teams.
+ Keine Überraschungen.
+ Und dann ist da noch der Kant für Kleinkinder, wie ich ihn von meinen Eltern gelernt habe: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.
GESUNDHEIT
+ Arbeit soll Teil eines ausgewogenen Lebens sein.
+ Humor – auch das Lachen über sich selbst – gehört dazu.
Soweit meine Gedanken und Überzeugungen zu Führung, Zusammenarbeit und Kultur.
Am Ende stellt sich die Frage nach der gelebten Realität. Die Selbstwahrnehmung ist oft trügerisch, deshalb dazu nur folgendes: Das oben Geschriebene ist nicht nur das, woran ich andere messe, sondern auch das, woran ich mich selbst messe und messen lasse. Ich glaube, dass ich es meistens recht gut mache, an den anderen Tagen arbeite ich daran.
Das gilt auch für die Kultur der PROPAGANDA, wir bemühen uns jeden Tag, dem gerecht zu werden, oft gelingt uns das, wenn nicht, lernen wir daraus und machen es am nächsten Tag besser.
Vor zwei Jahren habe ich einen Entwicklungsprozess angestossen, in dem wir bereits Vieles bewegt haben. Die Unternehmenskultur ist ein starkes Beispiel dafür und sie wird auch auf unserem weiteren Weg ein zentrales Element sein, um diesen Prozess in Gang zu halten und die PROPAGANDA für Mitarbeiter:innen und Kund:innen noch attraktiver zu machen.