Work-Life-Balance? Den Begriff mag ich nicht.
Was geht dir durch den Kopf, wenn du auf das letzte Jahr zurückblickst?
Widersprüchliches. Unser Einstieg bei der PROPAGANDA erfolgte zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, innert Tagen waren unsere Pläne Makulatur. Die Kulturwerbung und das Marketing für kommerzielle Unternehmen sind die wichtigsten Pfeiler, beide wurden durch die Pandemie schmerzlich getroffen.
Trotz des herausfordernden Starts gab es aber auch Positives. Wir haben ein gutes, loyales Team kennengelernt, mit dem das Arbeiten Spass macht und das Lust hat, die PROPAGANDA weiterzubringen, ausserdem konnte ich meinen Wunsch nach beruflicher Selbständigkeit realisieren und schliesslich haben wir wichtige Schritte für die Zukunft unternommen. Das empfinde ich als wertvoll und befriedigend.
Und weshalb die PROPAGANDA?
Der Wunsch nach Selbständigkeit hat mich seit vielen Jahren begleitet, spannende berufliche Möglichkeiten haben mich aber immer davon abgehalten, ihn umzusetzen. Der näher rückende fünfzigste Geburtstag hat mich dann sanft darauf hingewiesen, dass ich jetzt Nägel mit Köpfen machen musste, wenn ich es im Alter nicht bedauern wollte, den Schritt nie vollzogen zu haben.
Das Ziel war, ein Unternehmen zu kaufen, in dem mein Hintergrund in Marketing und Kommunikation ebenso von Nutzen sein würde wie meine langjährige Erfahrung in der Unternehmensentwicklung. Mit der PROPAGANDA haben wir ein Unternehmen gefunden, das in einer spannenden Nische der Marketing-Branche tätig ist und das über ein interessantes Potential für die weitere Entwicklung verfügt. Darüber hinaus hat die Vielfalt der Kundschaft mit einer traditionell starken Verankerung in der Kultur, ebenso wie bei Unternehmen, öffentlichen Organisationen und Agenturen eine abwechslungsreiche Tätigkeit versprochen und mich besonders gereizt.
Das heisst, die PROPAGANDA wird auch in Zukunft Werbung für die Kulturbranche machen?
Unbedingt! Und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist die PROPAGANDA aus der Kultur gewachsen, das hat ihre DNA geprägt und viele Mitarbeitende arbeiten auch aus diesem Grund bei uns. Zweitens hat Kultur und insbesondere Musik für mich von Kindesbeinen an eine enorm wichtige Rolle gespielt. Aufgewachsen mit klassischer Musik, habe ich später den Zugang zu Jazz, Rock und anderen Richtungen gefunden, war Mitglied in völlig unterschiedlichen festen und ad hoc-Formationen. Als Bassposaunist der Big Band Liechtenstein habe ich Musik als etwas beinahe Berauschendes erfahren. Musik hat mein Leben mit unzähligen prägenden Erfahrungen und Erlebnissen bereichert.
Kurz: Kultur gehört zur Identität der PROPAGANDA wie es zu meiner eigenen gehört, deshalb wollen wir auch in Zukunft ein zuverlässiger Partner für die Kulturbranche sein.
Wer ist denn dein Lieblingskünstler?
Grundsätzlich empfinde ich Vielfalt und Abwechslung in allen Lebensbereichen als etwas Bereicherndes, deshalb tue ich mich schwer, Fragen nach meinem Lieblings-was-auch-immer zu beantworten.
Was es aber gibt, sind so etwas wie Ankerpunkte, zu denen ich immer wieder zurückkehre. In der Rockmusik gehören dazu Queen, Tina Turner oder auch Meat Loaf, im Jazz Grössen wie Ella Fitzgerald, Duke Ellington oder Peter Herbolzheimer mit seinen halsbrecherischen Arrangements und in der Klassik sind es immer wieder Beethovens Symphonien und Carl Orffs Carmina Burana, oder – als Interpreten – Nikolaus Harnoncourt und Cecilia Bartoli, die mit einem gehauchten Ton einen ganzen Saal in ihren Bann ziehen kann, die mich packen.
Cecilia Bartoli? Du magst Oper?
Ja, als Kind war es mein Traum, Opernsänger zu werden. Bis ich mir als Vierzehnjähriger eingestanden habe, dass meine Stimme für die grossen Bühnen dieser Welt nicht reicht, von da an habe ich nur noch mit der Familie gesungen. Aber als Zuhörer fasziniert mich Vokalmusik in all ihren Formen bis heute.
Themenwechsel: Du hast vorhin vom Potential der PROPAGANDA gesprochen, was meinst du damit?
Die vielen Jahre in der Unternehmensentwicklung haben mich geprägt. Wenn ich eine Organisation anschaue, stelle ich mir die Frage: Um wieviel besser könnte sie sein, wenn die Ziele noch klarer formuliert und der Weg dahin noch konsequenter gegangen würde?
Bei der PROPAGANDA hatte ich schnell ein recht klares Bild. Wenn wir diszipliniert und als Team gut arbeiten, bin ich überzeugt, dass wir einen spannenden Weg vor uns haben.
Jedenfalls stimmt mich das erste Jahr optimistisch: Wir haben besser gearbeitet, als man das unter den schwierigen Umständen erwarten konnte, wir haben die Strategie geschärft, ein digitales Angebot geschaffen und Schlüsselprozesse digitalisiert. Und auch der weitere Weg ist bereits vorgezeichnet. Ausserdem wurden wichtige Impulse zur Weiterentwicklung der Unternehmenskultur gesetzt, das kann für die Zukunft entscheidend sein.
Inwiefern?
Ich bin überzeugt, dass die Unternehmenskultur der wichtigste Erfolgsfaktor einer jeden Organisation ist. In einem KMU wird die Kultur wesentlich durch die Ziele, Persönlichkeit und Werte des Inhabers geprägt. Wechselt dieser, ändern sich alle drei Parameter, es kommt also zwangsläufig zu einer Kulturveränderung.
Wenn es dem neuen Inhaber gelingt, seine Orientierungspunkte glaubwürdig als sinnvolles und stimmiges Ganzes zu vermitteln, kann Vertrauen wachsen und die Mitarbeitenden können die Veränderung für sich selbst als Chance erkennen. Daraus kann ein Unternehmen grosse Energie entwickeln. Das versuche ich zu erreichen und ich habe den Eindruck, dass wir auf einem guten Weg sind.
Wie gehst du das an?
Was die Ziele angeht, habe ich in der Regel recht klare Vorstellungen, die ich im Team zur Diskussion stelle, bevor wir darüber entscheiden. Dadurch fliesst die Kompetenz aller mit ein und die Ergebnisse werden breit abgestützt.
Bei der Persönlichkeit ist das etwas weniger einfach. Ich betrachte mich selbst als unfertiges Kunstwerk an dem es noch viel zu arbeiten gibt, deshalb will ich weiter lernen, mich fortentwickeln – und vor allem nehme ich mich deshalb nicht allzu wichtig. Das bestimmt mein Handeln und Kommunizieren wesentlich und es gibt anderen Raum, sich einzubringen und ihr Potential zu entfalten.
Die Werte schliesslich spielen für mich eine zentrale Rolle. Ich bin fest überzeugt, dass langfristig nur eine Führung erfolgreich sein kann, die auf transparenten Werten beruht.
Und die sind?
Das sind meine «vier Vs»: Vertrauen, das ich mir zu verdienen versuche und das ich in hohem Mass schenke, Verantwortungsbewusstsein, das ich ausstrahlen will und das ich in ebenso hohem Mass einfordere, Vorbild, das wir alle uns gegenseitig sein müssen, und Vergnügen, weil Humor und eine positive Einstellung die Lebens- und die Arbeitsqualität fördert.
Natürlich sind Werte etwas Persönliches. Ich habe mich während meiner Berufslaufbahn immer wieder gefragt, weshalb ich an einer Stelle gerne oder eben nicht so gerne gearbeitet habe, weshalb manche – auch private – Beziehungen gut waren und andere weniger. Die vier Vs sind das Destillat aus den Antworten darauf.
Sie sind für mich deshalb so wichtig, weil ich mich bemühe, in meinem Tun und Lassen konsequent zu sein, um Disziplin im Denken und im Handeln, die Werte sind mir dabei ein wichtiger Kompass und sie definieren die Regeln, nach denen ich spielen will. Überdies schätze ich das Ringen um die besseren Ideen und Argumente, diese Werte halten auch intensive Diskussionen im Zaum. Letztlich definieren sie den Anspruch, dem ich gerecht werden möchte, manchmal mache ich das gut, manchmal auch nicht, aber ich arbeite jeden Tag daran. Und das erwarte ich auch von meinem Team.
Und natürlich gelten diese Werte nicht nur in der internen Zusammenarbeit. Auch unsere Kunden und Geschäftspartner können erwarten, dass wir uns bemühen, ihnen jederzeit gerecht zu werden. So tragen die Werte auch zu einem positiven Kundenerlebnis bei.
Welche Eigenschaften deiner Mitarbeitenden sind für dich besonders wertvoll?
Es hilft, wenn die Kolleginnen und Kollegen die vier Vs für sich selbst als richtig empfinden, sonst wird die Sache schwierig. Darüber hinaus erwarte ich, dass sie menschlich und fachlich über Kompetenzen verfügen, die ich nicht habe. Und schliesslich, dass alle aktiv zu einer kreativ-konstruktiv-kritischen Diskussion beitragen und auch meine Ideen und Argumente herausfordern. So kann eine Kultur wachsen, die das Unternehmen vorwärtsbringt und in der alle lernen und sich weiterentwickeln können.
Wie wichtig ist für dich die Work-Life-Balance?
Den Begriff mag ich nicht, Arbeit als Gegenpol zum Leben zu sehen, wäre furchtbar. Dafür kann sie zu erfüllend sein und dafür nimmt sie bei mir wie bei vielen Menschen einen zu grossen Platz ein. Mein Anspruch ist, der Arbeit einen Platz als angemessenen Teil eines ausgewogenen Lebens zu geben. Gelingt das? Nicht immer, aber immer besser. Und ich bemühe mich, es auch meinem Team zu ermöglichen.
Zum Abschluss: Was gefällt dir an deiner Arbeit am besten?
Die Möglichkeit, zusammen mit Menschen, die ich mag, Dinge zu tun, die ich gerne tue.
Zur Person
Vom engagierten Hobby-Musiker, der nebenbei auch die Schule spannend fand, über den Studenten, der in die Politik wollte, zum Betriebswirt (Universität St. Gallen und Duke University), der seine Leidenschaft für die Gestaltung von Organisationen zum Beruf machte, für den «Entwicklung» das wichtigste Wort im Vokabular ist. Der verheiratet und Vater zweier Mädchen, gerne auf Reisen, in der Natur, in den Bergen, auf den Langlaufskiern ist.